Als im Mai 2019 über ein neues europäisches Parlament abgestimmt wurde, stand auch eine noch ganz junge Initiative auf der Liste: „Demokratie DIREKT!“ lautet ihr Name, gegründet wurde sie erst im Dezember 2018 – von Studierenden an der Universität Erfurt. Das Team hat es sich zum Ziel gesetzt, alle Bürgerinnen und Bürger aktiv am parlamentarischen Geschehen zu beteiligen und dafür bundesweit Unterstützung von studentischen Initiativen erfahren. Und hat damit offenbar vielen Menschen aus der Seele gesprochen. 26.000 gaben „Demokratie Direkt!“ bei der Europawahl ihre Stimme.
„Das ist für uns ein erster großer Erfolg“, sagt Christian Rombeck, der Spitzenkandidat für die Europawahl. „Und das hat uns natürlich motiviert, weiterzumachen.“ Und so dauerte es auch nicht lang, bis der erste Landesverband – Thüringen – gegründet war. Aktuell bereitet sich das Team auf die Landtagswahl, zu der die Initiative erstmals antreten möchte, vor. Strategien werden ausgearbeitet, Unterschriften gesammelt und natürlich muss viel, viel, viel kommuniziert werden. Deshalb ist die Initiative inzwischen auch mit einer Website (www.demokratie-direkt.eu) und mit eigenen Accounts auf Facebook, Twitter und Instagram unterwegs.
„Wir fühlten uns mehrheitlich in der aktuellen politischen Parteienlandschaft nicht wirklich beheimatet. Deshalb haben wir mit ‚Demokratie DIREKT!‘ einfach ein eigenes demokratisches Modell entwickelt.“
Angefangen hat alles damit, dass sich Studierende aus Erfurt in der Universitätsbibliothek trafen, um gemeinsam zu überlegen, wie man den undemokratischen Tendenzen in der Gesellschaft etwas entgegensetzen und gute Politik machen kann, ohne sich für eine der etablierten Parteien entscheiden zu müssen. „Wir fühlten uns mehrheitlich in der aktuellen politischen Parteienlandschaft nicht wirklich beheimatet“, erklärt Elena Vogel vom Bundesvorstand. „Deshalb haben wir mit ‚Demokratie DIREKT!‘ einfach ein eigenes demokratisches Modell entwickelt.“ Wie das funktioniert? „Wir haben ein Forum geschaffen, in dem wir alle Entscheidungen, die in den Parlamenten anstehen, auf unserer politischen Plattform teilen. Dort kann sich jeder deutsche Staatsbürger, der mindestens zwölf Jahre alt ist, registrieren, diskutieren und darüber abstimmen, wie sich unsere Abgeordneten im Parlament verhalten sollen. Alle Entwürfe sind transparent, jeder kann für oder eben auch gegen den jeweiligen Beschluss stimmen. Kurz: So wie die Mehrheit der Bevölkerung abstimmt, stimmen auch alle unsere Abgeordneten im Parlament ab. Und ein weiterer zentraler Punkt unseres Konzeptes: Alle Bürger haben die Möglichkeit, eigene Ideen in Form einer Initiative in das Forum zu laden. Gelingt es der Initiative, eine bestimmte Anzahl an Unterstützern zu generieren, bringen unsere Parlamentarier sie ins Parlament.“
Die Initiative sieht in ihrem „radikal demokratischen Ansatz das Potenzial, die Bildungsinstitutionen z.B. Schulen und Universitäten zum Handeln zu zwingen“, wohlwissend, dass dafür eine umfassende politische Bildung unabdingbar ist. „Hier sehen wir in Deutschland Nachholbedarf“, konstatiert der Vorstand, der „Demokratie DIREKT!“ nicht als Partei im eigentlichen Sinne verstanden wissen möchte, sondern viel mehr als eine Initiative, die dem politischen System ebenso wie dem Einzelnen Anstoß geben möchte, mehr über Politik und demokratische Werte nachzudenken. Nicht mehr die eine oder andere Partei stehe hier im Vordergrund, sondern das beste Argument für diese oder jene Entscheidung. „Damit hoffen wir, eines der Grundprobleme des demokratischen Diskurses besser zu adressieren“, sagt Elena Vogel. Denn in der Vergangenheit seien einige populäre politische Entscheidungen zu wenig sachlich begründet gewesen und das wolle man ändern.
„Demokratie kann so viel mehr, wenn man ihr nur die Möglichkeit gibt – und die haben wir.“
Das Ergebnis der Europawahl hat „Demokratie DIREKT!“ gezeigt, dass es sich lohnt, die Dinge anzugehen. Dass man auch als noch vergleichsweise kleine Initiative etwas bewegen kann. Und das will das Team auch anderen vermitteln: „Wir wollen uns nicht an den Fehlern anderer abarbeiten, wichtiger ist es, an neuen Perspektiven zu arbeiten und dem aktuellen Kurs eine neue und hoffnungsvolle Richtung zu verpassen. Idealistisch, aber nicht realitätsfremd. Demokratie kann so viel mehr, wenn man ihr nur die Möglichkeit gibt – und die haben wir. Deshalb ist es unser Ziel, den Menschen wieder das Gefühl zu vermitteln, dass sie unmittelbar auf die politischen Entscheidungsfindungen Einfluss nehmen können. Wir wollen Politikverdrossenheit eindämmen und die Freude an der Teilhabe, dem ‚Mitmachen‘ in der Demokratie, revitalisieren.“ Motiviert sind die jungen Politikerinnen und Politiker auf jeden Fall: „Rund um die Europawahl haben uns sehr viele Mitgliedsanträge erreicht. Aus ganz Deutschland fragen uns Menschen, wie sie sich engagieren können“, sagt Christian Rombeck, der nicht nur die Landtagswahl 2019 in Thüringen im Blick hat, sondern mit seinem Team bereits auf die Bundestagswahl 2021 schaut. „Schon heute treffen wir dafür erste Vorbereitungen. Und bundesweit entstehen neue Landesverbände, das bestätigt uns in unserer Arbeit.“ Die mit derzeit gut 100 Mitgliedern wohl kleinste und jüngste Partei in der aktuellen politischen Landschaft macht sich bereit. Sie ist entschlossen, die politische Welt im besten demokratischen Sinne zu verändern. Und nicht zu warten, bis es andere – mit womöglich weniger guten Absichten – tun.
Weitere Informationen
/ Kontakt:
www.demokratie-direkt.eu
Lesen Sie dazu auch unser Interview im „WortMelder“.
Foto: Die Kandidatinnen und Kandidaten zur Thüringer Landtagswahl 2019 von „Demokratie DIREKT!“